RACiBB Gedenkgottesdienst anlässlich der Abschaffung des Sklavenhandels durch das Britische Königreich vor 200 Jahren

Die Jungen und Starken wurden gefangen,
die Alten und Schwachen ließ man zurück.
Viele Generationen in ganz Afrika
litten unter der Brutalität der Sklaverei,
und die Generationen,
die ihnen folgten,
haben sich bis heute
nicht davon erholt.


1) Wer sind Sklaven?

Sklaven sind Menschen, die in die Sklaverei verkauft, gefangen genommen und ver- sklavt oder als Leibeigene in der Sklaverei geboren werden. Sie werden von ihren „Be- sitzern“ so stark kontrolliert, dass sie so gut wie keine eigenen Rechte oder Freiheiten besitzen. Sie werden für ihre Arbeit nicht bezahlt. Anstelle einer Bezahlung erhalten sie nur notdürftig Essen, Kleidung und ein Dach über dem Kopf. Diese reichen gerade, um die Sklaven am Leben zu erhalten. Sklaven wurden als „Dinge“ oder „Besitz“ angesehen.

Wo immer Sklavenhandel als eine legale oder übliche Praxis angesehen wurde, wurden Sklaven unfreiwillig unter der Kontrolle anderer Menschen, Gruppen, Organisationen oder Staaten gehalten. Eine spezielle Form von Sklavenhandel, die man als bewegliche oder „After“- Sklaverei bezeichnet, und bei der die Sklaven noch schlechter dran bzw.

Noch mehr Willkür ausgesetzt waren, wird definiert als der legale Besitz einer oder mehrerer Personen durch eine andere Person oder einen Staat. Darin enthalten war das Recht, diese Personen genau wie irgendwelche materiellen Güter zu kaufen oder zu verkaufen. Die legalisierte Präsenz von Sklavenhandel ist in unserer Zeit selten geworden. Die meisten Nationen sehen Sklavenhandel heute als illegal an. Wenn Menschen von Einzelpersonen dennoch unter entsprechenden Bedingungen gehalten werden, sprechen die zuständigen Autoritäten von Opfern unrechtlicher Gefangenschaft. 1926 fand eine Tagung zum Thema Sklaverei statt. Bei dieser Tagung wurde Sklaverei folgen- dermaßen beschrieben: „… der Status und/ oder die Lebensbedingungen einer Person, über der welche oder alle Gewalten, die mit dem Recht auf Eigentum zu tun haben, ausgeübt werden…“ Sklaven dürfen weder ihren Besitzer noch ihren Arbeitgeber oder deren Grundstück verlassen, es sei denn, sie erhalten eine besondere Erlaubnis dazu.

(Um gehen zu dürfen, brauchen sie einen Ausweis.) Falls sie fliehen, können sie jederzeit gefasst und zurück gebracht werden. Systematisierte Sklaverei braucht eine offizielle, rechtmäßige Genehmigung des Besitzes von Menschen, oder zumindest weitreichende stillschweigende Arrangements mit lokalen Autoritäten durch Besitzer, die einen gewissen politischen Einfluss aufgrund ihres sozialen und/ oder wirtschaftlichen Status haben.

2) Unterschiede zwischen Sklaverei im Altertum und zu Kolonialzeiten

Man kann sagen, dass praktisch jede der großen alten Zivilisationen stark von Sklaven- dienst abhängig war. Völker, die erobert wurden, wurden von ihren neuen Herren vor viele verschiedene Aufgaben gestellt. In der Heiligen Schrift lesen wir, dass die Hebräer Sklaven der Ägypter wurden und unter deren Herrschaft Zwangsarbeit ausüben muss- ten. „…Die Ägypter zwangen die Israeliten unbarmherzig zum Dienst und machten ih- nen ihr Leben sauer mit schwerer Arbeit in Ton und Ziegeln und mancherlei Frondienst auf dem Feld…“ (2. Mose 1, 8-14). Aber zumindest hatten sie noch ihren eigenen Na- men und ihr eigene Kultur, und sie vermehrten sich stark trotz der harten Arbeit und lernten viel von den Ägyptern. Es war Zwangsarbeit, aber sie wurden nicht aufgrund ih- rer Hautfarbe oder ihrer Nationalität unterdrückt. Im Römischen Reich zu Paulus’ Zeit waren nach Angaben von Historikern ungefähr die Hälfte der Bevölkerung oder sogarmehr Menschen Sklaven. Aber sie hatten immer noch eine Art Freiheit in der Weise, dass sie ihr Leben selbst entsprechend ihrer Kultur gestalten konnten. Sklavenarbeit va- riierte stark je nach den Interessen der jeweils herrschenden Herren und nach den Fä- higkeiten der jeweiligen Sklaven. Josef war als Sklave an den Ägypter Potiphar verkauft worden, aber Potiphar behandelte ihn keineswegs als eine minderwertige Person. Viel- mehr ernannte er Josef zum Aufseher über seinen Haushalt. Diese Position beinhaltete einen hohen Grad an Verantwortung, welche Josef wahrscheinlich zu Selbstbewusstsein verhalf, das er bei seinen Brüdern nicht hatte entwickeln können (1. Mose 39, 1-9).

Später lesen wir in der Bibel, dass Daniel und andere männliche junge Israeliten als Ge- fangene nach Babylon gebracht wurden. Aber auch sie wurden keineswegs als minder- wertig angesehen. Vielmehr vermittelten ihre Herren ihnen ein gutes Selbstwertgefühl, und sie wurden für einen hoch angesehenen Dienst am Hof des Königs ausgebildet (Daniel 1, 1-7; 18-21). Später in der Geschichte bevorzugten die Römer griechische Sklaven als Mentoren und Ausbilder für ihre Kinder. Jedenfalls galt die Mehrheit der Sklaven in der alten Zeit kaum mehr als Besitz, den man kaufte und verkaufte, wie es einem gerade beliebte. Männliche Sklaven wurden oft bei großen Bauprojekten oder in Minen eingesetzt, wo sie bis zur Erschöpfung arbeiteten. Weibliche Sklaven oder Mägde wurden meist an Männer verkauft, die sie dann zum Dienst an ihren Frauen und Töch- tern einsetzten. Einige wurden wie Arbeiter oder helfende Hände behandelt und erhiel- ten eine Bezahlung für ihre Arbeit sowie Freizeit hinterher (2. Mose 21, 1-11; Matthäus 20, 1-15). Jakob war solch ein Diener auf Zeit bei seinem Onkel Laban (1. Mose 29). Je- sus sprach von einem Hausdiener, der das Feld pflügte oder sich um die Schafe küm- merte oder ein Mahl zubereitete (Lukas 17, 7-10). Die Rassensklaverei der Kolonisten war anders als die Sklaverei in der alten Zeit. Diese Diener taten niedrigste Arbeiten bis zur Erschöpfung. Ihre Herrscher verlangten von ihnen, Tätigkeiten zu verrichten, die sonst niemand anderes freiwillig getan hätte. Es war dreckige, gefährliche und un- menschliche Arbeit. Die Sklaven wurden zu jeder Tages- und Nachtzeit gerufen, um die Wünsche ihrer Herren zu erfüllen. Oft kam es vor, dass die Sklavenbesitzer ihre männlichen Sklaven zu harter Extraarbeit riefen, um während ihrer Abwesenheit ihre Ehefrauen zu vergewaltigen. Darüber hinaus riefen sie die verheirateten Sklavinnen oder deren Töchter oft zu jeder Zeit, wann ihnen danach war, um Sex mit ihnen zu haben. Es war ihnen oft egal, ob die Ehemänner oder Väter dabei zusehen mussten. Viele bekannte weiße Männer, sogar Präsidenten, waren in diese gesellschaftliche Sünde verstrickt. Es gab wenig Hoffnung auf Verbesserung. Tatsächlich waren die Sklaven schon froh, wenn sie bei einem Besitzer bleiben und mit ihrer Familie zusammen sein konnten. Viele von ihnen mussten hilflos zusehen, wie ihre Kinder oder Ehepartner verkauft wurden. Oft war es den Sklavenhaltern sogar egal, ob ihre Sklaven lebten oder an Erschöpfung starben. Aber Gott war es nicht egal, und die unmenschliche Arbeit, die sie tun mussten, war Gott auch nicht egal. In ihrer Enttäuschung und Frustration wandten sich die Sklaven oft im Vertrauen an Gott. Es gibt in der Soziologie eine Unterwerfung, die man als „institutionelle Bedrohung“ bezeichnet. Diese beinhaltet kulturelle Symbole, vorgeschriebene Verhaltensmuster und Ideologien, die in allen sozialen Institutionen umge- setzt werden. Jede Regierung hat ihre eigenen Symbole, die ihnen Autorität, Einheit und Würde verleihen sollen. Fahnen symbolisieren Nationen, das Kreuz ist ein Zeichen der Christen, die glauben, dass Jesu Opfertod ihnen Rettung bringt, und ein Symbol für die Ehe ist der Ehering. Durch die schlimme Sklaverei der Kolonialisten wurde die Hautfarbe von Menschen zum Symbol von Unter- oder Überlegenheit. Die weißen Einwanderer, die in dieser „neuen Welt“ oft hart und lange arbeiteten, hatten Hoffnung auf eine bessere Zukunft für sich oder doch wenigstens für ihre Kinder. Durch harte Arbeit und Durchhaltevermögen schafften es viele, diese Ziele zu erreichen. Aber für Afrikaner, wie schwer und ausdauernd sie auch arbeiten mochten, blieb die Lage immer gleich oder wurde sogar noch schlimmer. Die Bindung von Personen an einen bestimmten Ort und die Einschränkung ihrer persönlichen Freiheit geschah aufgrund der Hautfarbe. Und es macht einfach keinen Sinn, wenn wir erwarten, dass solch schreckliche Erfahrungen von Unterdrückung, Erniedrigung und alle Arten von Missbrauch, die Afrikaner damals erleiden mussten, schnell vergessen werden könnten und keine Auswirkung auf die nachfolgenden Generationen hätten. Immerhin ist die Befreiung Afrikas von der Kolonisation noch keine 70 Jahre her. Aber wir glauben, dass der Traum von Freiheit, den Martin Luther King träumte, immer stärker und lauter wird, und er führt zu mehr Gleichberechtigung und sozialer Gerechtigkeit für alle. Möge Gott uns helfen, dass wir helfen, eine interkulturelle christliche Gemeinde zu bauen! Christen, lasst uns Gemeinschaft nicht allein der Unterhaltungswelt überlassen! Was die Geschichte der Sklaverei angeht, hat Elvis Presley, der „King des Rock’n Roll“, überall, wo er hinging, gesagt, dass schwarze und weiße Menschen gleich behandelt werden sollten, sonst werde er nicht singen. Damals gab es durch ihn in der Unterhaltungswelt mehr Zusammenhalt der Rassen als in der Kirche- viele Prediger hielten lieber ihren Mund.

3) Warum denken wir, im Dunklen oder Schwarzen sei das Böse verborgen?

Viele der bereits vorhandenen Vorurteile gegenüber anderen Hautfarben erleichterten die Versklavung von Afrikanern. Und leider geschah dies auch noch im Namen des Christentums.

Die wahrscheinlich größte Untat, durch die die Rechtfertigung des europäischen Skla- venhandels ermöglicht wurde, war das Schreiben des katholischen Priesters Bartholo- mo de las Casas um 1500, der in seinem Brief, der im Namen des Papstes an alle Ge- meinden geschickt wurde, schrieb, dass „diese Menschen (die Afrikaner) ohne Seelen und darum für die Folterarbeit in Amerika geschaffen sind“! Das Ergebnis dieses Schrei- bens war, dass die westliche Kirche Vorurteile gegenüber farbigen Menschen und da- mit auch die Sklaverei rechtfertigten und sogar heiligten und damit einen Freibrief zur Ausbeutung der schwarzen Rasse erstellten. Dies war der Anfang von rassistischen Vor- urteilen. An diesem Punkt der Geschichte erklärten die Menschen der westlichen Kultur alles Schwarze für „böse“ und „satanisch“, und alles Weiße für „gut“ und „göttlich“, ba- sierend auf der Behauptung des Padre de las Casas. Seine Behauptung entstand durch die alte traditionelle Kirche, die ihrerseits verkündet hatte: „Gott verfluchte Ham und machte ihn schwarz“. Bis heute haben sich Prediger immer wieder auf diese Lüge des so genannten „hamitischen Fluches“ bezogen. Tatsächlich aber präsentieren die dreiSöhne Noahs Sem, Ham und Jafet keinesfalls drei verschiedene Rassen. Es ist vollkom- men absurd zu behaupten, Noah und seine Frau hätten drei Söhne gezeugt, die drei unterschiedliche Rassentypen hervorgebracht haben sollen. Es macht einfach logisch und wissenschaftlich keinen Sinn zu sagen, dass innerhalb der zehn Generationen von Adam bis Noah und ohne andere äußere Einflüsse eine genetische Veränderung statt- gefunden haben sollte, die es einem Mann (Noah) und seiner ihm ethnisch zugehöri- gen Frau ermöglicht haben soll, Kinder unterschiedlicher Rassen zu zeugen. Aber diese unlogische „Logik“ machten viele unserer Kirchenväter ihre Leser bis in unsere Zeit hin- ein glauben. Ein Sohn Hams hieß Kanaan, und nach seinen Nachkommen heißt das glei- che Land Kanaan, welches sie besiedelten. Wir können hier die Frage stellen: Wenn Ka- naan verflucht worden wäre, warum hätte Gott dann Abraham gerade dorthin schicken sollen? Warum hätte Er Abraham unter Menschen leben lassen wollen, die Er selbst verflucht hatte? Warum hätte Er viele Jahre später zu Mose sagen sollen: „Ich bringe die Kinder Israel in das verheißene Land, ein Land, das von Milch und Honig fließt“? Und es gibt keinen Zweifel, dass die Späher, die das Land begutachten sollten, sahen, dass das Land sogar reicher, gesegneter und fruchtbarer war als das blühende Ägypten (4. Mose 13, 28-30). Also gibt es überhaupt keinen Grund, warum wir sagen sollten, dass Kanaan ein verfluchtes Land gewesen sein soll. Das kanaanitische Volk war zu dieser Zeit wahr- scheinlich höher entwickelt als viele andere Völker rundherum. Zum Beispiel konnten sie sehr gut befestigte Städte bauen, wie wir in der Geschichte der starken Mauern von Jericho lesen können. Diese Menschen hatten sicher dunkle Hautfarben. Jemand könnte mich nun fragen: Peter, was denkst du denn, was „verflucht sei Kanaan“ bedeuten soll (1. Mose 9, 25)? Darauf wäre meine Antwort, dass ich denke, es ist ein Fluch, der auf- grund einer bestimmten Begebenheit ausgesprochen wurde, und nicht aufgrund der dunklen Hautfarbe der Bevölkerung. Wenn alle Nachkommen von Noahs Söhnen bereit gewesen wären, in den Wegen Gottes zu wandeln, hätten sie Segen empfangen können (1. Mose 9, 1-17). Nur diejenigen, die sich von Gott abgewandt hatten, wurden ver- flucht und von ihrem Land vertrieben. Die Schrift sagt in Jeremia 18, 7-10: „Bald rede ich über ein Volk und Königreich, dass ich es ausreißen, einreißen und zerstören will; wenn es sich aber bekehrt von seiner Bosheit, gegen die ich rede, so reut mich auch das Unheil, das ich ihm gedachte zu tun. Und bald rede ich über ein Volk und König- reich, dass ich es bauen und pflanzen will; wenn es aber tut, was mir missfällt, dass es meiner Stimme nicht gehorcht, so reut mich auch das Gute, das ich ihm verheißen hatte zu tun“.

4) Ein Versuch, die Sklaverei zu beenden

Dass es den Sklavenhandel so lange und in so schlimmer Form gab, behinderte natürlich die Verbreitung des Christentums in Afrika sehr. Es gab aber ernsthafte Christen, die wahre Kinder Gottes waren. Diese beteten und baten Gott, dass Er eingreifen und die Wunden des Sklavenhandels in der Welt heilen und die Nationen wieder herstellen sollte, indem Er für gleiche Rechte und Gerechtigkeit sorgte. Dieses Gebet wurde im Himmel erhört! Es gibt einen Ort in Bromley/ Keston, wo ein alter Baum unter Naturschutz steht. Dieser Baum wird die „Wilberforce- Eiche“ genannt. Der Ort markiert den Platz, an dem Wilberforce sich entschied, seine Position im Britischen Parlament zu be- nutzen, um durch Gottes Gnade gegen den Sklavenhandel zu kämpfen. 1807 konnte er dann tatsächlich zusammen mit der „Anti-Sklaven-Bewegung“ feiern, dass der Ruf nach Abschaffung des Sklavenhandels durch ihren gemeinsamen Einsatz endlich Gehör im Britischen Parlament fand. 1833 beendete das englische Parlament dann den Sklaven- handel per Gesetz. Dies geschah nur drei Wochen, nachdem Wilberforce gestorben war, und es war ein göttlicher Triumph nach all den Jahren, in denen er gegen die Skla- verei gekämpft hatte. Viele Mitglieder der Anti-Sklaven-Bewegung waren keine Chris- ten, aber sie fürchteten Gott offensichtlich mehr als viele Christen dieser Zeit. Solche Christen, die mit den Sklavenhändlern Kompromisse eingingen, betrogen z.B. das ge- meine Volk und bereicherten sich und ihre Nation an deren Besitz. Beweise hierfür sind bis heute sichtbar, z.B. im Buckingham Palast, im Vatikan und an vielen Orten der west- lichen Welt. Die Anti-Sklaven-Bewegung mit ihrer eindeutig göttlichen, christlichen Hal- tung sorgte für eine gute Atmosphäre und für Kontakte, die es der afrikanischen intel- lektuellen liberalen Literatur ermöglichten, sich zu verbreiten. Eines der frühesten Bei- spiele hierfür war ein Pamphlet gegen die Sklaverei, welches 1787 von einem Mann na- mens Ottobah Cuguano von der Goldküste unter folgendem Titel veröffentlicht wurde: „Gedanken und Stellungnahmen zu dem üblen und bösen Verkehr der Sklaverei und des Handels mit der menschlichen Art, demütig an die Einwohner Großbritanniens ge- richtet“. Tatsächlich wurde die Abschaffung des Sklavenhandels zunächst nur in den britischen Kolonien gesetzlich verankert. Andere Nationen praktizierten die Sklaverei weiterhin und verstärkten diese schlimmen Geschäfte noch. Das Geld, das man durch diesen Handel gewinnen konnte, zog die grausamsten und geldgierigsten Individuen an.

Dies ging schließlich so weit, dass die Gegner der Sklaverei versuchen mussten durchzu- setzen, dass die wirtschaftliche Kraft des Sklavenhandels von der sonstigen Wirtschaft gebremst werden müsse. Wenn eine alternative Einkommensquelle etabliert werden könne, würde der Sklavenhandel im Vergleich weniger profitabel sein. Und so kam es, dass nach vielen ernsthaften Gebeten die Missionare Gottes Werkzeuge in dieser Situa- tion wurden und beschlossen, der beste Weg, um den Sklavenhandel zu stoppen, sei, einen attraktiven, Gewinn bringenden Ersatz zu schaffen. Sie überlegten, dass Afrika Rohstoffe exportieren könnte, anstatt dass Europäer die Afrikaner selbst abtranspor- tierten. Darum versuchten die Missionare fortan, Handel und die westliche Zivilisation in Afrika zu etablieren. Die Baseler Mission z.B. gebrauchte Handel, um ihre Arbeit in den Gebieten des heutigen Kongo und im heutigen Ghana zu unterstützen. Die kirchli- che Missionsgesellschaft entwickelte die Baumwollindustrie in Yoruba (heutiges Nige- ria). Solche Experimente wurden bald in vielen Teilen Afrikas unternommen. Einige wa- ren erfolgreicher als andere, aber bald schon verlor das Konzept seine ursprüngliche Ausrichtung. Die christlichen Händler in Europa beschwerten sich bald über die Missio- nare, sie würden sie behindern, das, was sie wollten, in Afrika zu tun. Die Missionare ih- rerseits, die sich für besonders christlich hielten, beschwerten sich über das schlechte Vorbild der christlichen Händler, die sie als Namenschristen bezeichneten. Einer der bekanntesten Befürworter dieser Entwicklung war der Evangelist David Livingstone (1813- 1873), der sehr stark davon überzeugt war, „der einzige Weg, um den (arabi-schen) Sklavenhandel (in Ostafrika) zu beenden, sei, dass man im Inneren Afrikas Han- del aufbauen“ sollte. Die Araber waren verantwortlich für den Abtransport von etwas 20.000 Sklaven im Jahr. Obwohl David Livingstone viele Forschungsreisen unternahm, verlor er nie seine Vision als Missionar. Außerdem war ein wahrer Freund der Afrika- ner, so wie Jesus unser aller Freund sein möchte. In all diesen Umständen und auch Schwierigkeiten konnte doch das Königreich Jesu Christi, das schon jetzt unter uns und doch noch nicht vollendet ist, gebaut werden.

5) Schau auf Deine Vorteile!

Inmitten aller Kämpfe ums Überleben kämpfen wir manchmal mit uns selbst und fra- gen uns: „Wer bin ich?“, „Woher komme ich?“, „Wohin gehe ich?“, „Was ist meine Be- stimmung hier auf dieser Erde?“ oder „Was kann ich tun?“ Alle diese Fragen kreisen um unsere Identität, und diese Identität finden wir durch unser Selbstwertgefühl, welches in seiner Entwicklung durch die natürliche Autorität von unseren Eltern gesteuert wird.

Viele gebürtige Afrikaner aus der Sklavenzeit waren von ihren Eltern weggerissen wor- den, und es ist gut möglich, dass diese Fragen in ihren Köpfen hämmerten. Aber auch wenn sie von ihrer Heimat abgeschnitten und der Fürsorge und Liebe ihrer Eltern be- raubt worden waren, lernten sie doch durch die Gnade Gottes, inmitten aller Schwie- rigkeiten auf das Gute zu sehen, das ihnen noch geblieben war. Einer der bemerkens- werten Pioniere dieser Zeit war Samuel Adjai Crowther (etwa 1806- 1891). Er war in Yoruba im heutigen Nigeria geboren worden. So wie andere Westafrikaner war Crow- ther von Sklavenhändlern aus seiner Familie weg verschleppt worden. Die Angreifer nahmen den Jungen gefangen, der gerade einmal 15 Jahre alt war, und brachten ihn auf ein Sklavenschiff. Ungewöhnlicher und glücklicher Weise wurde das Schiff, das Crowther in die Sklaverei nach Amerika hatte fahren sollen, von Briten zurück nach Afrika gebracht. So kam es, dass Crowther im heutigen Sierra Leone frei gelassen wur- de. Diese Gegend war von früheren amerikanischen Sklaven, die ebenfalls frei gelassen worden waren, besiedelt worden. Die Siedler hatten dort die ersten Baptisten- und Me- thodistengemeinden aufgebaut. Der junge Crowther bekehrte sich zum Christentum und trat der anglikanischen Kirche bei. Wie viele andere junge Afrikaner seiner Zeit war er sehr eifrig im Lernen, und bald wurde er selbst ein Lehrer in der Missionsschule. Mit der Zeit geschah es, dass viele namenlose britische Missionare versuchten, im Inneren des Landes am Nigerfluss eine kleine Siedlung zu errichten. Ihr Ziel war es, dort eine wirtschaftliche Alternative zum Sklavenhandel aufzubauen. Sie bauten Schiffe und suchten gut ausgebildete Fachkräfte für diese Arbeit aus. Die Mannschaft segelte dann voller Enthusiasmus und Zuversicht den Nigerfluss aufwärts. Aber leider schlug ihr Plan fehl, und viele dieser Männer starben im Fluss. Crowthers Leidenschaft für alle, die bei dieser Unternehmung umgekommen waren, wandelte er in Hoffnung um, alles daran zu setzen, dass der Traum dieser Missionare vielleicht doch noch Wirklichkeit werden könnte. Nach einer langen Zeit des Gebets war er vollkommen überzeugt, dass die Evangelisation des inneren Afrikas von Afrikanern selbst übernommen werden müsste, die wahrscheinlich mit dem Klima und den äußeren Gegebenheiten besser zurecht kommen würden als die Europäer. Also konzentrierte er sich ganz auf dieses Ziel. Unterden ersten neu bekehrten Christen in seinem Dienst waren seine Mutter und seine Schwester, die Crowther 20 Jahre lang nicht gesehen hatte. Crowther gebrauchte seine Freude am Herrn, um sich auf seine Vorteile zu konzentrieren, und er wurde der Leiter der Nigermission und der erste schwarze Bischof in der anglikanischen Kirche (1864) in ganz Sierra Leone und Yoruba. Crowther wird heute in der Kirchengeschichte als je- mand, der weit reiste, um zu evangelisieren, erinnert, und er etablierte die anglikani- sche Kirche zuerst in seiner Heimat Abeokuta und von da auch in Logos und Ibadan.

Um dorthin zu gelangen, reiste er auf einem Schiff namens „Dayspring“. Er predigte in fast allen Siedlungen am Nigerfluss. 1856 reiste Christaller extra zu Crowther, um ihm zu begegnen, weil er ihn sehr hoch schätzte und verehrte. Anderswo in Westafrika wur- de ebenfalls die Kirche Christi etabliert, und sie wurde langsam stärker. 1822 gründete die amerikanische Kolonisationsgesellschaft die „Republik Liberia“ als einen Ort, wo freie Sklaven aus den Vereinigten Staaten hinziehen konnten. Viele von ihnen nutzten diese Gelegenheit. Tatsächlich hat die älteste Baptistengemeinde in Afrika ihre Wurzeln in Monrovia (Liberia). 1822 wurde sie von einem frei gewordenen Sklaven namens Lott Carey, der in Virginia gearbeitet hatte, gegründet. Freunde, wenn wir über unser christ- liches Erbe sprechen, werden wir feststellen, dass auch, wenn es Gutes und Schlechtes darin gibt, uns doch alles zum Besten dient. Wir haben als Christen immer eine Zu- kunft, wenn wir bereit sind, u.a. aus den Fehlern anderer zu lernen. Lasst uns vom Bei- spiel dieser einfachen Menschen lernen, die durch die Gnade Gottes Besonderes taten, um das interkulturelle Königreich Jesu Christi zu bauen! Wir haben heute manchmal unterschiedliche Vorstellungen, wie es zu sozialer Ungerechtigkeit kommt und wie wir damit umgehen sollten. Das wahre Christentum verurteilt jede Form von Ungerechtig- keit ohne Kompromiss. Man sagt, dass wir nicht auf den gefallenen Menschen schauen dürfen, wenn wir auf eine Verbesserung unseres menschlichen Verhaltens hoffen. Dar- um ist auch Jesus Christus auf die Erde gekommen. Lasst uns von göttlichen Vorbildern lernen, um selbst unsere Welt ein bisschen besser machen zu können und Menschen helfen, die sozial oder wirtschaftlich schlecht da stehen bzw. Unterdrückt werden. Denn wenn das Gute nicht aufsteht, setzt das Böse sich durch.

6) Schwarz oder weiß

Diejenigen, die sich über Menschen mit dunkler Hautfarbe lustig machen, machen sich in Wirklichkeit über Gott lustig, der die Menschen unterschiedlich schuf und die Haut der Menschen für unterschiedliches Klima anpassungsfähig machte. Vielleicht mit das Schmerzhafteste, was ein Mensch durchmachen kann, ist, wenn er langsam einen geistigen Tod stirbt und es nicht merkt. Viele von uns haben zugelassen, dass uns rassistische Vorurteile abhalten, Christus richtig nachzufolgen, der Sein Leben für uns alle gab: Christentum bedeutet Menschlichkeit für alle Rassen, denn Gott selbst wurde Mensch.

Die Schöpfung des ersten Menschen (homo sapiens) fand im Herzen des biblischen Afrikas statt, im so genannten „Garten Eden“. Die drei Flüsse, von denen in 1. Mose 2, 10-14 die Rede ist, bestätigen, dass es in diesem Gebiet schon früh menschliches Leben gab. Die biblische Schöpfungsgeschichte erhält durch archäologische und andere wissenschaftliche Nachforschungen Substanz. Sie können nämlich ohne Zweifel bestätigen,dass die ältesten Formen menschlichen Lebens um den Olduvai Gorge im heutigen Tansania gefunden wurden. Von diesem Punkt aus verbreiteten sich die Menschen dann immer weiter in der heute bekannten Welt. Darum gab es auch zu biblischen Zeiten, als die Zivilisation in Kemet (heutiges Ägypten) hoch entwickelt war, noch wenig bekannte menschliche Aktivitäten im heutigen Europa. Die Zivilisation drang erst spät bis in den kaukasischen Norden vor, und das, was dorthin gelangte, stammte ursprünglich von „Akebu-Lan“, aus dem alten Afrika, das auch „Mutter aller Menschen“ genannt wurde. In der alten Welt war dies wohl bekannt, denn Paulus schreibt: „Er hat gemacht, dass alle Völker von einem einzigen Menschen abstammen und auf dem ganzen Erdboden wohnen, und Er hat bestimmt, wie lange sie bestehen und in welchen Grenzen sie wohnen sollen. Auch sollen sie Gott suchen, ob sie Ihn vielleicht fühlen und finden könnten; und es ist wahr, Er ist nicht ferne von jedem von uns. Denn in Ihm leben, weben und sind wir; wie auch einige eurer Dichter gesagt haben: Wir sind von Seiner Art.“ (Apostelgeschichte 17, 26-28) Ist es nicht wunderbar, dass die alten Griechen wussten, dass alle Menschen von Gott, dem Schöpfer her kommen? In Paulus’ Unterhaltung mit den Philosophen in Athen sprach er von ihrem Altar, den sie dem „unbekannten Gott“ gewidmet hatten. Die Menschen in Athen waren mit einem religiösen Bewusstsein im Glauben an viele Götter erzogen worden. Darum ist es bemerkenswert, dass Paulus hier ihre Aufmerksamkeit auf den biblischen Schöpfungsbericht lenkt, in dem es heißt, dass Gott am Anfang einen Menschen schuf, aus dem erstmal eine Familie und eine Rasse hervorging. Wir als Christen können unsere Wurzeln entdecken und helfen, Wunden von Menschen um uns her zu heilen, wenn wir erkennen, dass alle Menschen in Gott einen gemeinsamen Ursprung haben.

7) Warum Sklaverei?

Im Angesicht all der Tragödien, die aus der Sklaverei entstanden sind, wie der Verlust von Gesundheit, Selbstwertgefühl, geliebten Menschen und auch Wohlstand müssen wir uns fragen: „Warum?“ Warum geschah dies alles? Der alte Mann Hiob hatte ge- kämpft mit dieser Frage: „Warum?“, als er versuchte, einen Sinn in seinem Leiden zu er- kennen (Hiob 7, 20.21) Jesu Jünger fragten, als sie einen Mann trafen, der blind gebo- ren worden war: „Durch wessen Sünde geschah dies? War es die Sünde des Mannes oder seiner Eltern?“ (Johannes 9, 1.2) Die Jünger fragten „Warum?“, weil sie vielleicht neugierig waren. Sie dachten sich, dass irgendwie Sünde eine Rolle gespielt haben müsste. Und sie fragten sich auch, welche Ursache die Blindheit des Mannes hatte. In Seiner Antwort gebrauchte Jesus Worte von Hiob. Er versicherte Seinen Jüngern, dass durch dieses Mannes Blindheit die herrlichen Taten Gottes offenbar werden sollten (Hiob 9, 3-5). Dann erfüllte Jesus diese Aussage, indem Er den Mann sowohl körperlich als auch geistig heilte. Hiob durfte am Ende seiner Leiden ebenfalls die Herrlichkeit und Gnade Gottes in seinem Leben erfahren (Hiob 42, 1-6). Könnte hieraus vielleicht ein wenig Trost für die früheren Sklaven und ihre Völker entstehen? Ich glaube, dass sie hier Trost und Hoffnung finden konnten. Auch für uns heute kann Trost und Hoffnung entstehen, wenn wir manchmal sinnlos erscheinende Tragödien erleben. Schmerzen sind real und sollten nicht weggeleugnet werden. In vielen unserer modernen soziologi-schen, psychologischen und theologischen Seminare wird das Böse ausschließlich als ein innerer Konflikt angesehen. Es wird behauptet, es gebe keinen Teufel. Gott wird als der gute Gott betrachtet, und Menschen leugnen, dass Gott auch das Böse richtet. Sie leugnen auch die Leiden, die von Hiob berichtet werden. Aber im Buch Hiob leidet nur eine einzige Familie, während die Leiden der Sklaverei sich über Jahrhunderte hinzogen und den gesamten Kontinent Afrika und die ganze Rasse der schwarzen Menschen in Mitleidenschaft zogen. Menschen können ruhig behaupten, die Geschichte Hiobs klinge für sie nicht ganz real. Aber sie können nicht leugnen, dass die Leiden der Sklaverei sehr real waren. Sogar so genannte „Christen“ hatten Sklaven und ließen sie leiden. Das ist niemals von Gott, und dies sind bestimmt nicht einfach innere Konflikte gewesen.

Wenn wir wirklich an Gott glauben, dann müssen wir der Realität des Bösen ins Auge sehen. Andererseits können wir nicht wirklich moralisch leben, und wir werden auch nicht die Kraft Gottes in unserem Leben erleben. Wenn wir das Böse nicht beim Namen nennen können, kann es sein, dass wir uns sogar gegen Christus und die Kirche selbst richten.

8) Welche Mauern würde Jesus heute einreißen?

Liebe Freunde in Christus, welche ethnischen Mauern oder Mauern zwischen Menschen verschiedener Rassen würde Jesus in unserer heutigen Welt niederreißen? Vielleicht würde Er alle schwarzen Menschen, die aufgrund der Sklaverei immer noch Vorurteile gegenüber weißen Menschen haben, bitten, zu vergeben, weil Er auch uns vergibt. Und vielleicht würde Er den weißen Menschen sagen, dass sie nicht Schuld haben an dem, was ihre Vorfahren während dieser Zeit getan haben. Es gibt keinen Grund, immer noch ein Schuldbewusstsein oder Vorurteile zu haben. Vielleicht würde Jesus sogar Freundschaft schließen mit den Palästinensern in Israel, und Er würde sich darum bemühen, Moslems im Irak und im Iran mit dem Evangelium zu erreichen. In Nordirland würde Jesus wahrscheinlich zu den Protestanten und Katholiken sagen: „Warum bekämpft ihr einander in meinem Namen?“ Die Wahrheit ist, dass Rassismus und ethnischer Hass niemals Gottes Wille waren. Jesus stand gegen traditionelle Vorurteile auf, wo immer Er ihnen begegnete. Matthäus, selbst ein Jude, schreibt in seinem Evangelium vom Herzen Jesu für alle Nationen. Mir ist wichtig zu sagen, dass das Christentum nicht an eine bestimmte Kultur gebunden ist. Vielmehr kann es in allen Kulturen erfahren und gelebt werden. Jede Kultur hat ihre Stärken und Schwächen. Darum richtet das Evangelium auch alle Kulturen, politischen Systeme und jede Gesellschaft. Das Christen- tum bedeutet, dass Gott kam, um alle Menschen zu suchen, nicht dass der Mensch Gott gefunden hätte. Gott wurde Mensch, nicht Menschen machen sich zum Gott. Also lasst uns vergessen, was Schlimmes in der Vergangenheit passiert ist, und lasst uns un- sere Gegenwart in Jesu Hände legen, der uns eine bessere Zukunft miteinander schenken wird!

Gottes Segen, Ihr F. Peter Arthur (Pastor von Akebulan- Globale Mission e.V.) In Zusammenarbeit mit RACiBB (Rat Afrikanischer Christen in Berlin/ Brandenburg)