(Markus 15, 21)
1) Simon von Kyrene
In Markus 15, 21 lesen wir: „Und sie zwangen einen, der vorüberging, mit Namen Simon von Kyrene, der vom Feld kam, den Vater des Alexander und des Rufus, dass er Ihm das Kreuz trage.“ Lasst uns diese alte Stadt Kyrene einmal genauer betrachten! Diese Stadt hatte einen Hafen an der Nordküste Afrikas, in der Mitte zwischen Karthago und Alexandrien. Sie war auf einem Plateau erbaut, das etwa 2000 Fuß über dem Meeresspiegel lag und nur 16 Meilen von der Küste entfernt war. Die zwei damaligen Hauptwege des internationalen Handels trafen sich hier, und die Stadt war auch intellektuell ein Zentrum. Zur Zeit des Neuen Testaments war sie das Zuhause einer großen jüdischen Bevölkerung, die verstreut zwischen den Heiden lebten. Der Name Alexander war wahrscheinlich sehr häufig in der kyrenischen Bevölkerung, denn Alexander der Große hatte die Stadt 331 v. Chr. Erobert, und sie war 74 v. Chr. Teil einer römischen Provinz geworden. 365 n. Chr. Wurde Kyrene von einem starken Erdbeben heimgesucht. 642 n. Chr. Eroberten die Araber die Stadt, und heute ist sie unbe- wohnt. Ihre Lage wurde im heutigen Libyen ausfindig gemacht. Obwohl Kyrene als Stadt heute nicht mehr existiert, kann ihr Einfluss auf die ersten Christen nicht geleugnet werden, und auch für uns in unseren heutigen Gemeinden hat sie nicht an Bedeutung verloren.
2) Die Bedeutung des Kreuzes
Das Kreuz war zunächst einmal ein Holz, das als Folter- und Tötungsinstrument benutzt wur- de. Im Alten Testament hatte es noch keine Kreuzigungen gegeben. Menschen wurden gestei- nigt, wenn man sie offiziell bestrafen und töten wollte, und manchmal wurden sie auch, nach- dem sie schon tot waren, zur Abschreckung und Verwarnung der Lebenden an Bäumen aufge- hängt (5. Mose 21, 22ff; Galater 3, 13). Geschichtswissenschaftler haben herausgefunden, dass es Kreuzigungen zuerst in Nordafrika in Karthago gab. Die Römer haben diese Methode später übernommen und besonders exzessiv betrieben, weniger als Bestrafung für ihre eige- nen Bürger als vielmehr hauptsächlich bei Sklaven, Menschen in ihren eroberten Provinzen und den schlimmsten Kriminellen. Die Tatsache, dass Petrus (ein Jude) gekreuzigt wurde, aber Paulus (ein römischer Bürger) geköpft wurde, bestätigt die These dieser schlimmen Tra- dition. Die Zeit, als diese beiden Gläubigen in Rom getötet wurden, war gegen 64 n. Chr., und vor kurzem haben Archäologen das Grab des Paulus gefunden. Damals gab es drei verschie- dene Arten von Kreuzen, nämlich eins in T-Form, eins, das wie ein X geformt war, und eins in der Form eines Dolches. Wahrscheinlich war das Kreuz, an dem Jesus gekreuzigt wurde, wie das dritte dieser Kreuze geformt, da die Inschrift über Seinem Kopf angenagelt wurde.
Wenn ein Krimineller verurteilt wurde, wurde er mit einer Lederpeitsche geschlagen. Danach musste er den Balken seines Kreuzes selbst wie ein Sklave zur Hinrichtungsstätte außerhalb der Stadt tragen. Dort wurde der Verurteilte entblößt und mit dem Balken auf seinen Schul- tern auf den Boden gelegt. Seine Arme oder Hände wurden an den Balken gebunden oder ge- nagelt. Dann wurde der Mensch mit dem Kreuz senkrecht aufgerichtet, und seine Füße wur- den kurz über dem Boden ebenfalls festgebunden oder –genagelt. Die so bestraften Männer hatten nichts, wovon ihr Körpergewicht gehalten wurde, und sie konnten nur versuchen, sich am Stamm anzulehnen. In dieser Position mussten die Menschen dann bleiben, bis sie an Er- schöpfung starben. Oft kam es vor, dass andere Menschen an der Hinrichtungsstätte vorbeika- men und mit ansehen mussten, wie ihre Verwandten dort die Qual dieses schrecklichen, lang- samen Todes erlitten. Heutige Autoren beschreiben diese grausame und erniedrigende Form des Todes als sehr schmerzhaft, während die Evangelien keine detaillierten Berichte über Jesu Leiden geben. Die Schreiber des Neuen Testaments waren mehr daran interessiert, die theolo- gische Bedeutung dessen, was dort am Kreuz geschehen war, hervorzuheben. Sie schreiben,wie Gott diese schändliche und schreckliche Qual gebrauchte, um uns Menschen mit sich selbst und auch die Juden mit den Heiden zu versöhnen (Epheser 2, 14). Dass es die geringste Form der Hinrichtung war, zeigt, wie demütig Jesus war (Philipper 2, 8), eine Tatsache, die die Juden schwierig fanden zu verstehen in Bezug auf ihren lange erwarteten Messias (1. Ko- rinther 1, 18-23).
3) Unerkannte Gunst
Es gibt ein altes Kirchenlied mit einer afroamerikanischen Melodie, das heißt „Warst du dabei, als sie meinen Herrn kreuzigten?“. Simon von Kyrene war da gewesen, aber er erkannte die Gunst nicht, die ihm dadurch zukam. Wenn wir betrachten, welche Menschen in der Nähe von Jesu Kreuz waren, sehen wir das Gesicht dieses begünstigten Mannes, der das Kreuz nach Golgatha trug, wo Jesus dann gekreuzigt wurde. Lasst uns unsere Vorstellungskraft benutzen, um einige der nicht berichteten Details der Geschichte zu ergänzen und uns das Szenarium genauer vorzustellen, wie es gewesen sein könnte. Simon war in eine gläubige jüdische Fami- lie in Kyrene oder Jerusalem geboren worden (Apostelgeschichte 6, 9), wo die kyrenischen Juden ihre eigene Synagoge hatten. Seine Eltern gaben ihrem Glauben bei seiner Geburt durch die Namensgebung Ausdruck, indem sie ihn Simon nannten, was der Name eines der bekanntesten Söhne des jüdischen Patriarchen und Glaubensvaters Jakob war. Als Simon er- wachsen wurde, könnte er, falls er nicht in Jerusalem geboren war, davon geträumt haben, ei- nes Tages in die heilige Stadt Jerusalem zu gehen, um am Passahfest teilzunehmen. Solche Pilgerreisen waren damals das Bestreben aller gläubigen Hebräer, die in der Welt verstreut lebten. Es ist möglich, dass Simon bereits öfter in Jerusalem zum Passahfest gewesen war, aber auch, dass er zum ersten Mal dorthin gekommen war. Was auch immer davon der Fall war, erlebte Simon jedenfalls die Stadt im Aufruhr. Jedermann sprach von dem Wanderpredi- ger aus Galliläa, dem Land, von dem die Juden dieser Zeit meinten, dass kein Prophet von dort kommen könne (Johannes 7, 52). Die Menschenmenge in Jerusalem war geteilter Mei- nung über Jesu Identität. Manche waren sich sicher, dass Er der lange erwartete Messias sei, aber andere wiederum sagten, er sei ein falscher Prophet. Es gab Berichte, die sagten, dass die religiösen Führer sich gegen Ihn verschworen und Seinen Tod geplant hatten. Am großen Tag des Passahfestes stolperte Simon über ein seltsames Spektakel, als er in die Stadt kam. Er sah eine laute Menschenmenge, die um ein paar Soldaten herum versammelt waren. In der Mitte der Soldatengruppe befand sich ein offensichtlich in Schwierigkeiten steckender Mann, der ein römisches Kreuz trug. Die meisten Menschen in der Menge schrieen den verurteilten Mann an. Die Soldaten schlugen Ihn und zwangen Ihn, zu tun, was ihnen gerade gefiel. Jeder Beobachter konnte eindeutig sehen, dass der Mann kurz davor war, umzufallen, weil er so er- schöpft und das Kreuz so schwer war. Als Simon sah, was hier los war, entschied er sich, im Hintergrund zu bleiben. Gerade in diesem Moment meinten die Soldaten, sie hätten genug von diesem kraftlos gewordenen „Kriminellen“, und sie wollten ihre Aufgabe zu Ende brin- gen. Sie sahen sich nach jemandem um, der das Kreuz anstelle des Verurteilten tragen könnte, und ihre Augen fielen auf Simon, der wahrscheinlich kräftig war und so aussah, als sei er har- te Arbeit gewöhnt. (Dass er gerade vom Feld kam, kann nicht bedeuten, dass er von der Feld- arbeit kam, da es einem gläubigen Juden wie ihm strengstens untersagt war, am Feiertag zu arbeiten.) Einer der Soldaten ergriff Simon und kommandierte: „Du wirst das Kreuz zu dem Hügel tragen!“ Und weil Simon ein Mann jüdischer Herkunft war, hatte er keine Möglichkeit, den Befehl der Soldaten zu verweigern. Es war zu dieser Zeit üblich, dass die römischen Sol- daten die Macht hatten, jeden beliebigen Nicht-Römer jederzeit zu verpflichten, zu tun, was immer ihnen gerade beliebte. Aufgrund all dieser Grausamkeiten kam es damals oft vor, dass Menschen dann, wenn römische Invasoren ihre Stadt oder ihr Land einnahmen, ihren Besitz verließen und die Flucht in andere Länder oder in die Wildnis ergriffen. Wahrscheinlich kam es auf solche Weise zustande, dass die Essener damals ein Leben in der Wildnis begannen und ihre religiöse Gemeinschaft gründeten. Leider ist uns im Neuen Testament über dieseMenschen nichts bekannt, aber es gibt Referenzen über sie in alten Schriften von jüdischen Historikern wie Philo und Josephus oder dem römischen Historiker Plinius. Aber obwohl es so viel Unmenschlichkeit durch die Römer gab, reisten die Juden doch wenigstens zweimal im Jahr nach Jerusalem, um ihre Feste zu feiern. Simon musste also das Kreuz auf seinen Schultern tragen und damit den Soldaten auf dem Weg folgen. Vielleicht sah er sich den ver- urteilten Mann noch einmal genauer an, als er die verzweifelten Schreie der Frauen hörte.
Und während er sich mit dem Kreuz abmühte, wurde ihm wohl bewusst, dass er das Kreuz von Jesus aus Nazareth trug. Die Menschen glaubten zu dieser Zeit, aus Nazareth könne nichts Gutes kommen (Johannes 1, 46). Ist es nicht eindeutig erkennbar, dass die Soldaten dem Simon unwissentlich eine große Gunst erwiesen? Jeder von uns, der Jesus kennt, hätte gerne für Ihn das Kreuz getragen. Aber wenn wir es uns richtig überlegen, haben wir täglich die Möglichkeit, Sein Kreuz auf uns zu nehmen. Das Kreuz symbolisiert alle Schande und alle Vorwürfe, die das Leben und den Tod Christi begleiteten. Das Kreuz war der Preis, den unser Herr bezahlen musste, um den Willen des Vaters zu tun. Und wenn wir uns entscheiden, auf Seinen Wegen zu wandeln, können wir das nicht ohne das Kreuz tun. Das Kreuz garan- tiert uns die Gunst, dass wir Christen sein dürfen. Jesus sagte: „Wenn mir jemand nachfolgen will, muss er sein Kreuz auf sich nehmen“ (Markus 8, 34).
4) Auch für uns ist die Gunst, das Kreuz tragen zu dürfen, manchmal nicht erkennbar
Ohne Zweifel sah Simon von Kyrene zunächst überhaupt nichts Gutes darin, das Kreuz zu tra- gen. Wenn er es nicht ganz und gar schrecklich fand, konnte er es wohl höchstens als Unan- nehmlichkeit hinnehmen. Dass er das Kreuz tragen musste, kostete ihn viel Kraft und Zeit, die er an diesem besonderen Tag sicherlich für andere Dinge hatte brauchen wollen. Diese unan- genehme Unterbrechung hatte er nicht vorhersehen und mit einplanen können. Wenn ich an seiner Stelle gewesen wäre, hätte ich mich sicher gefragt: „Warum gerade ich?!“ Simons Un- wille ging wahrscheinlich noch tiefer. Immerhin wurde er gerade mitten am höchsten Tag des Passahfestes und vielleicht sogar, falls es für ihn das erste Mal war, dass er in Jerusalem war, am höchsten Tag seines bisherigen Lebens, wie ein Sklave behandelt. Würden die Menschen denken, er sei ein Jünger von diesem Jesus? Oder würde jemand von ihm denken, er sei ein Krimineller, der ein Kreuz tragen musste? Was würde sein, wenn er einen seiner Freunde auf diesem Weg traf? Ein Kreuz zu tragen erscheint auf den ersten Blick wahrhaftig als alles an- dere als eine Gunst! Überlege einmal, in welcher Lebenssituation du dich gerade befindest, und sei versichert, dass Jesus in dieser Situation mit dir ist: Du bist ein Mensch, dem große Gunst widerfährt! Was wäre deine erste Reaktion gewesen, wenn du an der Stelle von Simon von Kyrene gewesen wärst? Hättest du dich gewundert, wie die anderen dich behandeln, ob- wohl du unschuldig und einfach ein Christ bist? Wie kann es sein, dass man deine Motive hin- terfragt und dich so unrechtmäßig beschuldigt? Jesus wusste, dass Seine Jünger mit diesen Dingen Schwierigkeiten haben würden. Darum gab er ihnen rechtzeitig immer wieder göttli- che Anweisungen zum Thema des Tragens unseres eigenen Kreuzes. Er ermutigte Seine Jün- ger, sie sollten sich glücklich schätzen, wenn sie der Schande des Kreuzes in ihrem Leben be- gegnen würden. Die Gunst, das Kreuz zu tragen, mag unseren natürlichen Augen verborgen sein, aber sie wird wahrhaftig von denen gesehen, die im Geist wandeln. Der Apostel Paulus beschrieb solche Leiden als eine Gabe. Wir sind begünstigt durch den Herrn, wenn wir mit Ihm die gleiche Schande erdulden dürfen. Lasst uns wegen des Kreuzes nicht beschämt sein!
5) Die Gunst, das Kreuz tragen zu dürfen, sollte anerkannt werden
Nach all diesen dramatischen Ereignissen, in denen Simon vom Kyrene eine kleine Rolle ge- spielt hatte, blieb er wie die anderen hellenistischen Juden bis zu Pfingsten in Jerusalem. Uns wird in der Schrift nicht erzählt, wann Simon ein Jünger Jesu wurde. Aber die Tatsache, dass sein Name hier in Markus 15, 21 erscheint, kann als Beweis gelten, dass die Geschichte seinerBekehrung unter den ersten Christen weit herum erzählt wurde. Es ist wahrscheinlich, dass Si- mon an Pfingsten wiedergeboren wurde. Lukas berichtet uns, dass Männer aus Kyrene unter den dreitausend Bekehrten dieses Tages waren (Apostelgeschichte 2, 10). Die Art und Weise, wie Jesus gestorben war, muss Simon beeindruckt haben. Jesus zeigte keine Angst während all der Brutalität und Unmenschlichkeit, die Er erlitt. Er bat die Soldaten niemals um Gnade und bezichtigte sie auch nicht der Ungerechtigkeit. Und als Jesus gestorben war und es nach dem dritten Tag von überall her hieß, Er sei auferstanden und den Jüngern erschienen, hatte Simon fünfzig Tage Zeit, um über diesen sanften Mann der Schmerzen nachzudenken, bevor er Petrus an jenem Tag predigen hörte. Dieser Simon Petrus, der den Herrn dreimal verraten hatte, stand nun mutig auf und predigte, dass derselbe Jesus sowohl der Herr des Lebens als auch der Christus ist. Vielleicht konnte Simon von Kyrene an diesem Punkt nicht mehr anders als zu glauben. Er trat aus der Menge hervor und ließ sich von einem der Apostel im Wasser taufen, ein sichtbares Zeichen seines Glaubens und eine offizielle Stellungnahme, dass er be- reit war und sich nicht schämte, sein Kreuz auf sich zu nehmen. Hast auch du die Gunst, dein Kreuz auf dich nehmen zu dürfen, erkannt, oder schämst du dich wegen des Kreuzes? Simon von Kyrene setzte dieses öffentliche Bekenntnis in die Tat um. Es ist möglich, dass er dersel- be Simon war, der später ein Leiter in der großen Missionsbewegung in Antiochien wurde (Apostelgeschichte 11, 20; 13, 1). Er identifizierte sich weiterhin mit Jesus, indem er versuch- te, Jünger für Ihn zu gewinnen. Viele von uns heute trauen sich nicht, sich im Licht der Öf- fentlichkeit mit Jesus in Verbindung bringen zu lassen. Simon von Kyrene hatte das erste Mal, als er mit Jesus identifiziert wurde, keine Wahl, ob er das wollte, aber durch das, was er später über Jesus lernte, wurde er ein williger Kreuzesträger und ein Verkündiger der einfa- chen Rettung durch das Kreuz, die der Welt damals als Dummheit erschien, und daran hat sich heute wenig geändert (1. Korinther 1, 18-25).
6) Lasst uns von der Gunst, das Kreuz zu tragen, weitersagen!
Simon von Kyrene lehrte seine beiden Söhne, wahre Christen zu werden, die ihr Kreuz auf sich nahmen. Er erzählte ihnen von dem Privileg, den Retter Jesus kennen lernen zu dürfen.
Obwohl wir keine genaueren Details über ihr Familienleben überliefert bekommen haben, kennen wir doch die Namen der Söhne Simons, nämlich Alexander und Rufus, und die Auf- listung ihrer Namen im Markusevangelium deutet darauf hin, dass sie bei den frühen Christen gut bekannt waren. Wie die Kirchenhistoriker uns wissen lassen, wurde das Markusevangelium als erstes von allen vier Evangelien geschrieben, und es wurde wahrscheinlich dafür ge- schrieben, um in der Stadt Rom als eine Art Traktat weitergegeben zu werden. Als Paulus einen Brief an die Römer schrieb, sandte er dem Rufus und seiner Mutter Grüße. Könnte die Bekanntschaft zwischen Paulus und Rufus und seiner Mutter bis in Paulus’ Dienstzeit in der Gemeinde in Antiochien zurückgehen (Römer 16, 13)? Manche denken, dass Simon selbst im ersten Jahrhundert auf der Insel Chios durch das Schwert getötet wurde. (Dieser Ort wird in der Apostelgeschichte 20, 15 als eine kleine Insel bei Samos in der Ägäis und nur fünf Meilen von der Küste der heutigen Türkei entfernt, beschrieben.) Auch Alexander wurde ein Märtyrer um Christi willen, während Rufus die Gelegenheit bekam, ein effektiver Gemeindeleiter zu werden. Und all dies begann, als Simon das Kreuz Jesu trug. Zuerst hatte sich Simon so gefühlt, als ob dies das allerschlimmste sei, was ihm jemals passieren konnte, aber bald wurde es ihm zu der größten Segnung seines Lebens. Leider ist uns nichts darüber bekannt, ob es damals irgendeine Unterhaltung zwischen Jesus und Simon gab, als sie auf dem Weg nach Golgatha waren, aber wir wissen, dass die Gunst der gemeinsamen Last des Kreuzes Bitterkeit in Glauben und Hass in Hoffnung und Liebe verwandelte. Scham verwandelte sich in Rettung.
Simon hörte Jesus beten: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun!“ (Lukas 23,34). Er sah, wie sich Jesus willentlich opferte, und langsam wurde die Hoffnung der Prophe- ten Realität für ihn: „Jesus wurde um unserer Missetat willen verwundet und um unserer Sün- de willen zerschlagen. Die Strafe liegt auf Ihm, auf dass wir Frieden hätten, und durch SeineWunden sind wir geheilt“ (Jesaja 53, 5). Der Weg des Kreuzes führt zur Vergebung, einem erfüllten Leben und dem Sieg über den Tod. Simon von Kyrene, der einfach versuchte, in der Menschenmenge vorwärts zu kommen, fand unerwartet diese wunderbare Hoffnung im Kreuz. Hast du sie auch schon gefunden? Falls nicht, lade ich dich ein, dem Retter zu begeg- nen, der am Kreuz Sein Leben für dich gab, und der nicht gegen, sondern für dich ist.
7) Was für ein Kreuz verkündigst du?
Leider gibt es verschiedene Kreuze. In der alten Welt gab es drei verschieden Arten davon, und heute gibt es gleich ein Dutzend voll. Wir haben z.B. ein militärisches, ein politisches, ein wirtschaftliches, ein soziales und ein religiöses Kreuz. All diese Kreuze haben nichts mit dem wahren Kreuz des Evangeliums zu tun. 312 n. Chr., kurz vor einer Schlacht mit Maxentius um die Herrschaft, ließ Kaiser Konstantin verkünden, dass er einen Traum gehabt habe. Er sagte, er habe ein Kreuz gesehen, das in den Himmel ragte, und auf dem geschrieben stand: „In hoc signo vinces“, was bedeutet „in diesem Zeichen erobern“. Darum wollte er ein Christ werden, falls er die Schlacht gewinnen würde. Er errang einen vollkommenen Sieg und verkündete daraufhin religiöse Toleranz in seinem Reich. Hier begann das militärische Kreuz. Konstantin wurde von Papst Militiades (ein afrikanischer Kirchenvater, der 311-314 n. Chr. Kirchenober- haupt war und auch Melchiades genannt wurde) überzeugt, alle Kirchen, Friedhöfe und per- sönlichen Besitztümer von Kirchenmitgliedern, die von der Regierung weggenommen worden waren, zurück zu geben. Im Jahr 313 n. Chr. Stand Militiades der ersten Synode vor, die von einem Papst mit Genehmigung von der Regierung gehalten wurde. Dieses Konzil beendete den Streit in der Kirche über die Lehren der Splittergruppe der Donatisten. Eine seiner wohl bemerkenswertesten Errungenschaften war, dass dieser Papst es schaffte, die römischen Hin- richtungen von Christen zu stoppen. Er starb eines natürlichen Todes und war der letzte Papst, der in den später bekannt gewordenen Katakomben beigesetzt wurde. Aber noch vor seinem Tod wurde die Kirche eine militärische und politische Institution. Kaiser Konstantin sagte: „Ein Gott, eine Kirche, eine Welt!“ Darum wollte er auch ein weltweites Imperium mit einem Herrscher und einem Volk schaffen. Und jeder Mensch und jede Gruppierung, die sich gegen Konstantin und seine Pläne, die Weltherrschaft anzutreten, stellten, wurden getötet. So kam es, dass im Jahr 400 n. Chr. Das Christentum die offizielle Religion des Römischen Reiches wurde, aber es wurde mit Gewalt eingeführt. Die Wahrheit des Kreuzes wurde bei den Chris- ten dieser Zeit nicht mehr geschätzt. Das führte wiederum dazu, dass wahre Christen wie der bekannte nordafrikanische Kirchenvater Augustinus (354-430 n. Chr.) ihr Bestes taten, um durch ihre theologischen Schriften die Wahrheit über die Sünde, den Sündenfall des Menschen und die Vorherbestimmung zu verkündigen und so Menschen zu helfen, mit ihrem Herzen anstatt mit Gewalt eine Entscheidung für Jesus zu treffen. Augustinus war einer der frühen Pioniere der Kirchengeschichte, der der Kirche half, sich zu entwickeln und sich von der Politik loszumachen. Später wurde er für all das sehr geehrt. Aber zu seiner Zeit kostete dieses mutige Engagement ihm leider das Leben. Die Macht der Bischöfe wuchs und wurde zu einem Herrschaftssystem, bis es schließlich kaum noch zu unterscheiden war, ob die Kirche oder die weltlichen Herrscher das Reich regierten. Und dadurch entwickelte sich die Kirche so, dass ihre Ausrichtung nicht auf die Ewigkeit war, sondern darauf, dass sie einen „Himmel“ auf der Erde durch Gewalt im Namen des Kreuzes errichteten. Die Kirche kontrollierte ganze Nationen, und sie suchten sich aus, welche der Nationen und Kontinente ihnen gehören sollten. All diese Gewalt ging weiter, bis schließlich eine neue religiöse Bewegung entstand, und das war der Islam. Der Islam breitete sich zuerst dort aus, wo vorher christliche Länder gewesen waren. Seitdem gibt es den Kampf zwischen dem Kreuz und dem Schwert.
Zuvor war bereits ein Kampf zwischen Juden und Christen entbrannt. Die Christen machten die Juden verantwortlich für den Tod Jesu, und ihre Leiter befahlen, die „böse Rasse“ der Ju- den zu vernichten und ihr Land einzunehmen. In den Jahren 1088 und 1089 sagte Papst Urban II: „Die Stadt Jerusalem ist in die Hände der Araber und Muslime gefallen“. Darum wollte erGewalt gebrauchen, um Jerusalem aus den Händen dieser Menschen zu befreien. Und so kam es, dass jeder, der mit Gewalt für das Christentum kämpfen wollte, ein weißes Kreuz als Zeichen der Selbstverteidigung erhielt. Hatte unser Herr Jesus Christus Sein Werk mit Gewalt begonnen? Diese Frage sollten wir uns als Christen des einundzwanzigsten Jahrhunderts stellen, wenn wir bereit sind, unser wahres Kreuz täglich auf uns zu nehmen, so wie Jesus es uns gebeten hat, zu tun. Dabei meinte Er nicht, dass wir Gewalt anwenden sollen, sondern viel- mehr, dass wir uns demütigen sollen, um dem Herrn und einander dienen zu können. Denn wir alle leben in unseren modernen Städten mit den Sünden von gestern.
Möge uns Gott der Vater unseres Herrn Jesus Christus die Weisheit und das Verständnis Sei- nes Sohnes geben! Jesus erduldete das Kreuz um der Freude willen, die Er vor sich sah. Aus Liebe zu uns erlitt er die Qualen des schrecklichsten Folterinstruments, das es je gab. Er ließ sich ans Kreuz nageln, um die Sünde und den Tod sowie alle Mächte und Gewalten zu besie- gen. Deshalb offenbart uns das Kreuz auch Gottes Liebe für uns. Nun sind wir, du und ich, gerufen, unser Kreuz auf uns zu nehmen, und Jesus nachzufolgen. Möge Gott uns durch Sei- nen Heiligen Geist den Mut und die Freude geben, Jünger Seines Sohnes Jesus Christus zu bleiben! Das Wort Gottes offenbart uns im Leben und in der Lehre Jesu, dass Ostern bedeutet, dass uns der wahre Weg christlichen Lebens zum Kreuz Christ führt. So ging es auch Simon von Kyrene. Wir werden auch gelehrt, dass der Lohn von Treue und Gehorsam gegenüber Gott mitten in unseren Versuchungen oder unserem Leiden ist, dass wir die Krone der Herr- lichkeit Gottes empfangen werden. Unser Meister trug eine Dornenkrone. Er ist es, der uns rief, und Er bereitete für uns auch bereits die Gnade vor, dass wir von Ihm lernen können, Schwierigkeiten durchzustehen, wenn wir Ihm nachfolgen. Darum müssen wir jeder einzeln für sich unser wahres Kreuz auf uns nehmen und Christus in Kraft, Geduld und Beständigkeit des Glaubens nachfolgen. Simon von Kyrene hatte mit Jesus eine Gemeinschaft gehabt, als er das Kreuz für Ihn trug und dadurch Anteil an Seinen Leiden hatte. So lernte er das Geheimnis von Jesu Kraft und Frieden kennen, nämlich göttliche Freude, die von Gottes Liebe her- kommt. Selbst in unseren dunkelsten Stunden wird das ewige Licht Gottes für uns leuchten.
Der allmächtige Gott wird eine Quelle der Kraft und Stärke in Weisheit für uns alle sein, wenn wir bereit sind, unser wahres Kreuz auf uns zu nehmen und Ihm, unserem einzigen Ret- ter Jesus Christus nachzufolgen.
Mit freundlichen Grüßen von F.P. Arthur (einem Missionar aus Ghana) Kontakt: peter-steffi@freenet.de